Am 09. Juni diesen Jahres wird das Europaparlament gewählt. Es ist der Auftakt für eine Reihe von Wahlen in den ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Thüringen und Sachsen, auf die bundesweit mit Sorge vor hohen Umfrageergebnissen der AfD geschaut wird. Die Umfragewerte auf Europaebene scheinen gut zu stehen für rechtspopulistische bis extrem Rechte Parteien in Europa: Ausgehend von derzeitigen Prognosen ist anzunehmen, dass beide Fraktionen des extrem rechten Spektrums, die EKR (Europäische Konservative und Reformer) und die ID Fraktion (Identität und Demokratie) an Stimmen zugewinnen.
In Lichtenberg sitzt die AfD seit geraumer Zeit in schwankender Fraktionsgröße in der Bezirksverordnetenversammlung und versucht sich als Kümmererpartei zu etablieren. In den letzten Jahren konnte das durch Druck der Zivilgesellschaft unterbunden werden, jedoch bröckelt die Brandmauer. Gemeinsame Abstimmungen mit CDU und BSW treten immer wieder auf, die Mitarbeiter*innen der Fraktionen verstehen sich bereits prächtig.Aus Berlin haben es zwei Kandidaten auf die Liste der AfD zur Europawahl geschafft, einer davon ist der ehemalige JA-Chef und stellvertretende Vorsitzende der Lichtenberger AfD David Eckert. Das Interesse für die Wahlkampfveranstaltungen des Bezirksverbandes fällt jedoch sehr spärlich aus: zum öffentlich beworbenen Format „Fraktion im Dialog“ mit Stargast Gottfried Curio am 06. Mai konnte kaum mehr als das eigene Wahlkampfteam mobilisiert werden.
David Christopher Eckert ist stellvertretender Sprecher des Bezirksverbandes Berlin-Lichtenberg. Er ist seit 2013 AfD-Mitglied und war zunächst als Mitglied des Landesvorstandes in Nordrhein-Westfalen tätig. Während seiner Studienzeit in Düsseldorf versuchte er gemeinsam mit der Identitären Bewegung (IB) eine der ersten Hochschulgruppen der AfD zu etablieren. Ebenso war er Vorsitzender der Jungen Alternative (JA) Berlin, die 2023 vom Verfassungsschutz (VS) als „rechtsextremistisch“ eingestuft wurde. Eckerts Aussagen und Einstellungen waren damals unter anderem ausschlaggebend für die Beobachtung durch den VS. Darunter fallen unter anderem folgende Zitate:
- „Ob es wohl auch bald eine Gedenkstätte für Linkshänder gibt, die im KZ umgekommen sind?“
- „Wann ist Deutschland bunt genug? Was für Menschen hat SPD Union FDP DieGrünen DieLinke nur in unser Land gelassen? Sie haben den Krieg auf unsere Straßen geholt, Terroristen in unsere Nachbarschaft geschmuggelt. Genug ist genug: deswegen AfD !!!“
- „Genieße die Zeit in Freiheit. Genieße alle Vorzüge des deutschen Sozialsystems. Gott Gnade dir, wenn die AfD an der Regierung ist.“
Was im Falle einer (drohenden) Regierungsbeteiligung der AfD passiert, lässt sich gerade im Wahlkampf in Dresden erahnen, wo mehrere Wahlhelfer*innen der Grünen und der SPD auf offener Straße von Nazis zusammengeschlagen wurden. Auch die geringe Distanzierung der JA von der völkischen IB sind Grund für heutige Einstufung durch den VS. Auch die Verstrickungen der JA Berlin mit den hiesigen IB-Strukturen sind gut dokumentiert.
Seit 2017 arbeitete er als Büroleiter für den Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré. Zuvor hatte er bereits für Andreas Kalbitz gearbeitet. Die beiden Akteure gehörten wie auch David Eckert selbst dem formell aufgelösten extrem rechten „Flügel“ der AfD an. So hatte Eckert beispielsweise 2018 das „Wartenberger Fest“ in Berlin mitorganisiert, auf dem er als Redner von Björn Höcke als Innenminister träumte.
Neben Eckert gab es noch mindestens einen weiteren Bewerber aus Lichtenberg für einen Platz auf der Europaliste der AfD. Der 69-Jährige Charles Michael Fagnon ist erst seit kurzem Mitglied der AfD, jedoch bereits seit 2023 Beisitzer im Lichtenberger Bezirksvorstand. Doch auch schon vor seinem Eintritt in die AfD hatte Fagnon Verbindungen in international vernetzte, extrem rechte Kreise.
Während seiner Zeit bei der Bundeswehr war er auch europäischer Vertriebschef des Verlages „Paladin Press“, einem amerikanischen Buchverlag, der vor allem Anleitungen für den bewaffneten Kampf, Bücher über Guerilla-Taktiken sowie Tipps und Tricks für das „perfekte“ Verbrechen veröffentlicht hat. In dieser Position übersetzte er auch das Buch „Werwolf, Winke für Jagdeinheiten“ in die englische Sprache. Dabei handelt es sich um ein Handbuch der SS für den Guerillakrieg gegen die Allierten. Mit der Übersetzung und Verbreitung dieser Schrift beteiligte er sich maßgeblich an der Militarisierung der Neonazi-Szene in Deutschland und der Welt.
Nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr war er in leitenden Positionen in diversen Firmen aktiv. So zum Beispiel 2009 mit der (Briefkasten)-Firma Astorian Holding Limited aus Malta, die in Berlin und Umgebung Immobilien „entwickelt“ und verkauft und nebenbei (vermutlich) Steuern hinterzogen hat. Ganz im Sinne der Politik der AfD schert sich Charles Michael Fagnon also einen Dreck um die Bedürfnisse der Bürger*innen, sondern ist vor allem an seinem eigenen Vorteil interessiert. Dementsprechend ist auch seine Vorstellung von Politik im Europaparlament. Laut eigener Aussage möchte er den „EU-Zentralstaat“ verhindern und ein Europa mit maximaler nationaler Souveränität, aber minimaler wirtschaflicher Regulierung. Neoliberalismus in Reinform eben. Für einen Platz auf der Liste hats letztendlich aber nicht gereicht.
Der Lichtenberger Bezirksverband hat trotz seiner bemühten Position als Kümmerer eine extrem rechte und neoliberale Breitseite, wie sich mal wieder in ihren Kandidierenden zur Europawahl zeigt. Die Verbindungen des Bezirksverbands zum völkischen „Flügel“ und der Identitären Bewegung sind nicht von der Hand zu weisen. Unabhängig zu unserer politischen Utopie und unserer Kritik am Parlamentarismus besteht für uns als Antifaschist*innen die Notwendigkeit sich in den Wahlkampf einzumischen und neofaschistischen Parteien das Leben schwer zu machen.
Es braucht Solidarität mit jenen, denen durch die Parlamentarische „Arbeit“ der AfD und ihrer Vorfeldorganisationen behindert und eingeschüchtert werden sollen. Es braucht Unterstützung für Brandenburger Antifaschist*innen, denen in den nächsten Monaten Kommunal- & Landtagswahlen ins Haus stehen. Und es braucht dich und deine Freund*innen hier vor Ort und ein klein wenig Mut zur Sabotage.
Lasst uns der AfD den Wahlkampf versauen – kein Fußbreit den Faschist*innen!
weiterführende links:
Aufgaben und Chancen für Berliner Antifas in Brandenburg 2024
Motiv rechts zur Lichtenberger AfD (09/21)