Am 03.10.2020 hat die Neonazi-Kleinstpartei „Der III. Weg“ einen bundesweiten Aufmarsch in Berlin-Hohenschönhausen angekündigt. Wir werden nicht zulassen, dass Nazis durch unseren Kiez marschieren. Als Verbund unterschiedlicher Kiezstrukturen in der “Antifaschistischen Vernetzung Lichtenberg” rufen wir alle engagierten Antifaschist*innen dazu auf, den Aufmarsch verhindern! Wir haben keine Zeit für „fancy” Mobi-Videos und keinen Bock auf „coole“ social-media-Kampagnen. Wer Nazis hasst, kommt nach Hohenschönhausen – so einfach ist das. Am Tag selbst wird es zahlreiche Formen von Gegenaktivitäten geben. Sucht euch aus, wie dezentral oder sportlich ihr agieren wollt. Wichtig ist, dass wir uns alle entschlossen den Faschist*innen in den Weg stellen.
Kein Nazikiez im Ostberliner Rand
Lange Zeit galten die Ostberliner Randbezirke als rechte Hochburgen. Nur selten verirrten sich Leute aus der Wohlfühlzone in der Innenstadt dorthin. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Es gibt mehr linkes Engagement und weniger Nazistress. Dennoch sind menschenverachtende Vorstellungen nicht verschwunden. Eine gewisse rechte Alltagskultur gibt es leider bis heute. Das zeigen nicht zuletzt die hohen Wahlergebnisse der AfD. Doch organisierte Neonazis verfügen in Hohenschönhausen über keinerlei Strukturen und kaum mehr Rückzugsorte. Der Aufmarsch ist der verzweifelte Versuch eine rechte Vorherrschaft in der einstigen Homezone vorzutäuschen.
Der III.Weg in Berlin
Insgesamt ist die Partei „Der III.Weg“ in Berlin weitestgehend irrelevant. Das muss sie auch selbst zugeben. Sie hat keine Räumlichkeiten und kaum ein Dutzend aktive Mitglieder. Deshalb hält sich die Berliner Parteigruppe vor allem an die Brandenburger Strukturen um Matthias Fischer. Trotzdem sind zumindest einige Mitglieder aus Berlin politisch sehr umtriebig. Neben der Aktiv-Rentnerin Lilith Evler sind das vor allem die beiden Lichtenberger David Linke und Oliver Oeltze. Beide sind seit über zehn Jahren Teil der Berliner Neonaziszene. Angefangen haben sie im gewalttätigen Netzwerk vom „Nationalen Widerstand Berlin“. Vor allem Oeltze ist bundesweit auf Neonaziveranstaltungen anzutreffen. Er war beispielsweise Ordner beim letzten „Kampf der Nibelungen“; der größten Neonazi-Kampfsport-Veranstaltung im sächsischen Ostritz 2018. Doch auch international ist er unterwegs. So nahm er mit Delegationen vom „III.Weg“ mehrfach am sogenannten „Tag der Ehre“ in Budapest teil. Seine Anreise zum Neonazi-Festival und Kampfsport-Event „Asgardserei“ in der Ukraine im Jahr 2019 endete hingegen bei der Bundespolizei am Flughafen Tegel.
Der „III.Weg“ als Bewegungspartei
Trotz der personellen und politischen Schwäche in Berlin, darf der „III.Weg“ bundesweit nicht unterschätzt werden. Die Partei gründete sich explizit in Abgrenzung zur NPD, die sich für viele Nazis in eine zu demokratische und wenig radikale Richtung entwickelte. Dementsprechend wurde der „III.Weg“ zu einem Auffangbecken für gewaltbereite Neonazis – vor allem aus ehemaligen Kameradschaftsstrukturen. Insbesondere in Thüringen und Sachsen ‑ gerade im Voigtland ‑ sowie Franken, Brandenburg und in Teilen Mecklenburg-Vorpommerns verfügt die Partei über stabile Strukturen. In Plauen betreibt sie sogar eine eigenständige Parteizentrale. Daneben gibt es mit der „Arbeitsgemeinschaft Körper und Geist“ eine Gruppierung innerhalb der Partei, die sich dem Kampfsport verschrieben hat und dahingehend internationale Kontakte pflegt. Der „III.Weg“ sucht keine politischen Debatten, sondern die direkte Auseinandersetzung mit den politischen Gegner*innen ‑ oftmals mit Gewalt
Aufmärsche vom „III.Weg“
Während die regionalen Versammlungen der Partei in der Regel nur wenige Teilnehmende mobilisieren können, ziehen die bundesweit organisierten Aufmärsche teilweise mehrere hundert Neonazis an. Dabei konzentriert sich der „III.Weg“ auf vermeintlich historisch wichtige Termine. In den letzten Jahren war dies vor allem der 1.Mai. Im Jahr 2019 marschierten zu diesem Anlass fast 600 Neonazis durch Plauen. Dieser Aufmarsch erregte auch deshalb Aufmerksamkeit, weil die Faschist*innen nahezu uniformiert, mit Trommeln, Fackeln und Pyrotechnik ungehindert durch die Stadt laufen konnten. Dieser Erfolg sollte 2020 in Erfurt wiederholt werden. Doch aufgrund von Corona gab es stattdessen nur eine Kleinstkundgebung in Plauen.
Der „III.Weg“ endet in Hohenschönhausen
Nun versucht die Partei den 03.10.2020 als dreißigsten Jahrestag vom Anschluss der DDR für sich zu instrumentalisieren. Während die offiziellen Feierlichkeiten in Potsdam stattfinden, mobilisieren die Neonazis in ihre vermeintliche „Reichshauptstadt“ ‑ in den Ortsteil Hohenschönhausen vom Bezirk Lichtenberg. Bereits Anfang der 00er Jahre gab es einige bundesweite Neonazi-Aufmärsche der NPD in diesem Kiez. Auch im Rahmen der Mobilisierungen gegen die Unterbringung Geflüchteter fanden hier 2014 und 2015 zahlreiche rassistische Demonstrationen statt. Dabei hat die Berliner Polizei umfangreiche Erfahrungen mit dem Gebiet sammeln können. Es ist nicht auszuschließen, dass die Cops einfach einen ganzen Kiez eingittern und mit mehreren Hundertschaften abschirmen.
Doch davon werden wir uns nicht abhalten lassen. Ob Blockade oder kreative Aktionen von Einzelgruppen – wir unterstützen alle Aktionen, die den Nazis den Tag versauen und das Einsatzkonzept der Polizei, mit dem sie allein die Faschist*innen schützen will, zum Einsturz bringen. Auf die Cops können wir uns an diesem Tag nicht verlassen. Sie sind nur Repräsentant*innen einer bundesdeutschen Normalität, die einen erstarkenden Faschismus hervorbringt. Keine Feier für Deutschland, keinen Naziaufmarsch in unserem Kiez!